Atlantis ist überall – Rede von Hildegard Ruoff
Rede von Hildegard Ruoff zur Ausstellungseröffnung
Atlantis ist überall - Ursula Stock - Zeichnungen
26. Juli 2015, Fritz und Hildegard Ruoff Stiftung, Nürtingen
Herzlich willkommen, verehrte, liebe Gäste,
liebe Ursula Stock, lieber Herr Jochen Menzel!
Jede Ausstellung hat ihren eigenen Beweggrund. Der Freundeskreis der Stiftung unternimmt einmal im Jahr einen Ausflug, und ihm vergangenen Jahr war es ein Atelierbesuch bei der Künstlerin Ursula Stock in Güglingen.
Neben den mir vertrauten plastischen Arbeiten sah ich erstmals die großformatigen Zeichnungen, die nun zu Gast und im Dialog mit der Werkschau von Fritz Ruoff stehen.
Zu Gast bei den Ruoffs ist die Künstlerin seit Ende der sechziger Jahre bis heute immer wieder, und ich freue mich, dass sie mit ihren Zeichnungen anwesend ist, die hier erstmals gezeigt
werden.
Atlantis ist überall und somit nicht lokalisiert und nie gefunden worden. Es verdankt seine Existenz einzig und allein Platon (355 vor unserer Zeitrechnung). Gleichzeitig, so empfinde ich es, geschieht Atlantis bildlich gesprochen jeden Tag auf unserem Planeten: im Bauen, Verfallen, Zerstören, Untergehen, Suchen.
Neben Atlantis steht das Bild des Turmbaues zu Babylon. Die vielsprachigen Erbauer des einzigen Turmbaues machen sich auf dem Erdenrund überall in unserem Jahrhundert besonders
mit ihren Turmbauten bemerkbar.
Türme werden erbaut und werden zerstört, Himmelsleitern entstehen, wie z. B. die Himmelstreppe in Marokko von Hans Jörg Voth (1980–1987).
Die innere Bildwelt von Ursula Stock ist eine Symbiose von Mythos und Gegenwart. Die aktuellen Türme werden wahrgenommen, um darin zu wohnen, leben, arbeiten, oder ist es der Wunsch, den Sternen näher zu sein?
Und die Zerstörung des Turmes Auslösung eines Sakrilegs? Und für mich ist es ein Menetekel und gleichzeitig Faszination wie Türme vom Boden der Erde wie Pflanzen dem Licht, dem All, entgegenwachsen. Der Turmbau, eine Vermessenheit? und darum Zerstörung?
Atlantis ist überall in Schönheit und Verwandlung.
Nun noch dazu Gedanken von Ursula Stock:
ATLANTIS ist überall.
HÄUSER, STRASSEN, HALLEN
ergraut, verrottet, verfallen.
Ein TRUGBILD, ein TRAUM, eine VISION,
wer weiß das schon.
Ein ZAU BER erneuert die Welt,
bis alles wieder verfällt.
Die HÄUSER, die STRASSEN, die HALLEN
haben manchem gefallen,
wurden verlacht und verspottet,
sind wieder verrottet.
Tauchen auf und nieder
jetzt
kommen die alten
Römer
wieder.
(Ursula Stock, 13. April 2008)
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Ihnen, liebes ehrenamtliches Team, danke ich für ihr wiederum liebenswertes Helfen.
Hildegard Ruoff